Dialogische Ausstellungen, wie in diesem Fall die Kombination der Blätter von Thomas Bechinger (geb. 1960) und Thomas Gosebruch (geb. 1951), lassen Gemeinsamkeiten im künstlerischen Ansatz durch ihr Nebeneinander stärker zum Ausdruck kommen.
Beide verweisen auf eine deutliche physische Präsenz des Papiers: Hier bei Bechinger sind es Arbeitsspuren des Druckprozesses oder genaue Datierungen. Dort bei Gosebruch erscheinen die deutlich sichtbar gemachte Riffelung der Papierstruktur sowie willentlich gesetzte Knicke. So wird den Arbeiten eine Art von Mittelbarkeit zuteil. Damit ist gemeint, dass die Künstler ein Bindeglied zwischen sich und das Bild schieben: Bechinger verwendet den Lithografiestein gewissermaßen als Übersetzung zum zeichnerischen Werk. Dieser dient folgerichtig nicht der Vervielfältigung, sondern bestimmt mit oft mehreren Druckvorgängen das Unikat.
Gosebruch instrumentalisiert beide Seiten des Papieres und der im oberen Teil des Ausschnittes erkennbare feine Pinselduktus diffundiert durch Hochklappen des unteren Bereiches „nur“ von der Rückseite durch. Das lässt die Papierstruktur umso deutlicher erkennen und besteht als bildnerisches Element ästhetisch gleichwertig neben den „direkt“ bearbeiteten Bildabschnitten.
Eine vergleichbare Balance erzielt Bechinger mit einer folienartigen Überlagerung der Bildelemente, die in subtilsten rhythmischen wie helldunklen Nuancen zur Entdeckung einladen. Beide forschen sie in diesem Zwischenreich und es lohnt sich sehr, ihnen auf dieser Reise zu folgen.
Thomas Bechinger: 1960 geboren in Konstanz, lebt in München und Stuttgart, studierte an der Akademie der Bildenden Künste München, dem Royal College of Art London und der Kunstakademie Düsseldorf. 2004 Gastprofessur an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg; 2004–2010 Professur für Malerei und Druckgrafik an der Universität Siegen; seit 2010 Professur an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart.
Thomas Gosebruch: 1951 geboren in München, lebt in London, studierte an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg, dem Royal College of Art London und der Hochschule für Bildende Kunst Braunschweig. 2013 Gastprofessur an der Zentralen Hochschule für Bildende Kunst in Peking und der Xi’an Academy of Fine Arts in Xi’an, China; lehrt zur Zeit an der National Gallery und City Lit London.
Detail aus:
Thomas Bechinger (geb. 1960)
Ohne Titel, 2015
Lithografie von zwei Steinen (Unikat)
70 x 50 cm
Detail aus:
Thomas Gosebruch (geb. 1951)
littoral, 2015
Öl auf Papier
31 x 65 cm