Joannis Avramidis – Bandfigur, 1972

Joannis Avramidis – Zeichnungen 

Mai – Juni 2015

Joannis Avramidis’ immer wiederkehrendes Thema ist der Mensch. Dabei spürt der 1922 in Batumi/Georgien geborene Künstler den Gesetzmäßigkeiten, die in der menschlichen Figur angelegt sind, nach und destilliert ein Menschenbild, welches ganz einem künstlerischen Ideal verpflichtet ist.

Mit dem Modell vor Augen wird zunächst frei gezeichnet. Jedes Blatt stellt eine Möglichkeit dar, eine Erfindung. Die Linienführung macht sich auf die Suche nach rhythmischen Grundzügen des Gegenübers. Manchmal wirkt der Strich fast zögerlich, hält inne und bildet dabei eine Art Knotenpunkt, eine Schaltstelle,  die sowohl als visuelles, wie als anatomisches Scharnier funktioniert. 

Das Rhythmische, Tänzerische kommt darin zum Ausdruck. Genauer ausgeführte Details wechseln sich mit weniger deutlich artikulierten Bereichen ab. Die freie Fläche tritt in ein Spannungsverhältnis mit jedem einzelnen Strich.

Die zeichnerische Form ist dabei so angelegt, dass sie jederzeit aus einer kleinen Abmessung in eine große Dimension übertragbar ist. Es folgen im Werkprozess Blätter, die das Erfundene auf seine plastische Umsetzbarkeit hin überprüfen. 

Der Kontur ist entschiedener. Avramidis fixiert die Schwingungsknoten, die der Bewegung ihre Charakteristik geben. An diesen Zeichnungen wird deutlich, 

dass der Künstler seine Plastiken aus Konturen entwickelt und nicht, wie bei Bildhauerzeichnungen üblich, Raum mittels Schraffur simuliert. 

Die Ausstellung wird diese Vorgehensweise auch anhand von Werkmodellen und Schablonen veranschaulichen.

Wie Perlen an einer Schnur reihen sich die einzelnen Werkstufen aneinander. 

Jede für sich trägt ihr Ziel, eine eigene künstlerische Erfindung zu sein, in sich, verweist aber gleichzeitig nach vorne und zurück: die freie Zeichnung etwa auf die Konstruktionszeichnung, beziehungsweise auf ihr Modell. Die Gestalten und Gesichte wirken uns vertraut. Sie erzählen nicht nur von sich als Individuum, sondern formieren ein Menschsein, das wir alle in uns tragen.

Joannis Avramidis (1922–2016)
Bandfigur, 1972
Graphitstift auf Papier
24 x 13,7 cm