Hermann Glöckner – Zwei Kompositionen, um 1965

Hermann Glöckner – Miniaturen 

September – Oktober 2015

Es freut mich außerordentlich, dass mit dieser Ausstellung und der begleitenden Publikation mit 10 Vorzugsausgaben der lang gehegte Wunsch einer Präsentation der Arbeiten von Hermann Glöckner in Erfüllung geht. Über 120 Miniaturen einer Dresdner Privatsammlung aus nahezu allen Schaffensphasen sind hier zusammengetragen.

Das größtenteils jenseits des eisernen Vorhangs entstandene Werk Glöckners wird im Westen nach zahlreichen Ausstellungen und Würdigungen in der kunsthistorischen Literatur erst allmählich, dann aber – wie jüngst bei der neuen Präsentation der Sammlung des Städel in Frankfurt oder der Schau im Los Angeles County Museum – mit Erstaunen und Begeisterung aufgenommen. 

Hier hat ein Künstler seine Art der Freiheit im Gegenstand selbst gefunden, indem er jedem dieser Gegenstände seines täglichen Umfelds Aufmerksamkeit entgegenbringt: Dabei kann es sich um einen kleinen Papierstreifen, einen Farbabstrich, eine Streichholzschachtel, die Streichhölzer an sich oder eine leere Pralinenverpackung handeln, die er in seinen Gestaltungswillen mit einbezieht. In der Tradition des Bauhauses aufgewachsen und verwurzelt, sucht und findet er eine Gleichgewichtung von künstlerischem Eingriff und reiner Zurschaustellung des Materials. 

Glöckner geht es dabei nie um einen vordergründigen, plakativen Aspekt. Vielmehr vollzieht sich die Verwandlung gerade in der Einfachheit der Mittel, dem klar aufgesetzten geometrischen Lineament, den klaren Farbflächen. Zeitlebens bewahrt er sich ein Staunen vor dem Gebilde, das sich spielerisch zwanglos unter seinen Händen vom Zweck befreit und in Form und Farbe verwandelt. Mittels dieser Transformationen entfaltet sich hier ein eigener künstlerischer Kontinent, den es in seiner ganzen Tiefe und der Ausstrahlung auf die folgenden Künstlergenerationen weiter zu entdecken gilt.

Hermann Glöckner (1889–1987)
Zwei Kompositionen übereinander, jeweils mit einer weißen Kurvenlinie, um 1965
Tempera auf Zeitungspapier, auf Karton aufgelegt
6,6 x 11 cm und 9,5 x 11 cm